Die Antireflexionsschicht
An einem Übergang zwischen Luft und Glas werden je nach Glassorte und Einfallswinkel etwa 4-9 % des Lichts reflektiert. Bei einem Objektiv mit 6 Linsengruppen bzw. 12 Glas-Luft-Übergängen würde etwa die Hälfte des Lichts durch solche Reflexionen verlorengehen! Nicht weniger störend ist die durch Mehrfachreflexionen innerhalb eines Linsensystems auftretende Kontrastminderung, was sich in "flauen" Bildern äußert. Deshalb werden die Linsen mit einer dünnen Antireflexions(AR)-Schicht vergütet, die die störende Spiegelung – je nach Ausführung – bis unter 0,5 % Restreflexion pro Oberfläche herabsetzt. Zudem bieten diese kratz- und wischfesten Schichten einen guten Schutz vor chemischen Veränderungen des Glases.
Das physikalische Prinzip
Wie können Reflexionen an Glas mit einer dünnen Schicht auf dem Glas unterdrückt werden? Das physikalische Prinzip ist folgendes: An einer beschichteten Glasoberfläche wird sowohl am Luft-Schicht-Übergang als auch am Schicht-Glas-Übergang ein Teil des Lichts reflektiert. Werden Schichtdicke und -material geeignet gewählt, kommt es nun teilweise zu einer gegenseitigen Auslöschung der beiden an den Grenzflächen reflektierten Strahlen durch Interferenz, bei gleichzeitiger Verstärkung der durchgehenden Lichtstrahlen. Dies ist das Grundprinzip einer Antireflexionsbeschichtung. Die Dicke einer solchen Schicht ist dabei kleiner als die Wellenlänge des Lichts. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 250 mal so dick.
Schon mit einer einzigen Schicht (Einfachschicht-Entspiegelung) kann die Restreflexion auf ca. 1-2 % gesenkt werden. Um aber über den gesamten sichtbaren Bereich eine Restreflexion von unter 0,5 % zu erreichen, müssen mehrere Schichten aufgebracht werden. Diese Mehrfachschicht- bzw. Multicoating(MC)-Systeme bestehen je nach Glasart und Beschichtungsmaterialien aus 3-7 Einzelschichten.
Die Technologie
Das allgemein übliche Verfahren zum Herstellen von AR-Schichten ist das Aufdampfen von transparenten Metallverbindungen im Hochvakuum. Die Schichtsubstanzen werden dabei in einem Tiegel verdampft und kondensieren danach auf der Glasoberfläche. Während des Prozesses müssen die Linsen - zwecks besserer Haftung der Schichten - auf ca. 270 °C aufgeheizt werden. Ein neu entwickeltes und verbessertes Beschichtungsverfahren wird bei Schneider eingesetzt. Hier wird zusätzlich zu dem konventionellen Aufdampfprozeß in der Vakuumkammer ein Plasma erzeugt, dessen Ionen die entstehende Schicht mit hoher Energie "bombardieren" und Vergütung diese so verdichten.
Der Vorteil: Auch ohne Aufheizen der Linsen können mit diesem Verfahren Schichten erzeugt werden, die wesentlich widerstandsfähiger und haftfester sind als bei dem konventionellen Verdampfen. Daher ist dieses "kalte" Verfahren auch sehr gut für hitzeempfindliche Kunststofflinsen geeignet (Brillen) und bietet diesen z.B. bei der Schneider Kristall-Vergütung mit einer zusätzlichen Hartschicht einen hervorragenden Schutz vor Kratzern. Außerdem können auch Systeme mit sehr vielen Schichten realisiert werden. So besteht z.B. das Interferenzfilter UV-IR-Cut aus 32 einzelnen Schichten, was mit konventionellen Verfahren schwer zu realisieren wäre.
Das Beschichtungszentrum von Schneider Kreuznach
Im Beschichtungszentrum von Schneider Kreuznach wird modernste Technologie eingesetzt. Alle Anlagen befinden sich in einem sog. Reinraum, der besonders staubarm ist, um eine größtmögliche Sauberkeit der Linsenoberflächen zu gewährleisten. Der Raum kann nur durch eine Schleuse betreten werden und jeder Mitarbeiter trägt entsprechende Reinraumkleidung.
Die Anlagen verfügen über eine Computersteuerung und werden vollautomatisch betrieben. Durch eine genaue Prozeßüberwachung wird eine gleichbleibend gute Qualität gewährleistet. Zusätzlich werden alle Beschichtungen auf Restreflexion und Haftfestigkeit geprüft. Bis zu 300 Linsen oder Filter können in einer Charge bedampft werden.
Interferenz: Physikalisches Phänomen, bedingt durch die Wellennatur des Lichts. Dabei kommt es zu einer Auslöschung, wenn ein Wellenberg und ein Wellental aufeinandertreffen.
Plasma: Gasförmiges Gemisch aus Ionen, Elektronen und Neutralteilchen. Zu finden auch in Leuchtstoffröhren und Flammen.